Franz Schemmer

Franz Schemmer

„Für mich ist Landwirtschaft eine Herzensangelegenheit…“

Name: Franz Schemmer
Ausbildung: Landwirtschaftsmeister
Geburtstag: 28.12.1949
Übernahme des Hofes: 21.11.1981

Übergabe des Hofes: 01.07.2015

CHRONOLOGIE

Als erstes von fünf Kindern der Landwirtseheleute Franz und Maria Schemmer wurde ich 1949 geboren.

Kurz vor meiner Geburt war die Währungsreform nach dem Ende des nationalsozialistischen Joches, dann die rasche und interessante Entwicklung nach 1950 mit den großen Veränderungen in der Industrie und in der Landwirtschaft. Zu meiner Kinderzeit waren noch mindestens sechs Dienstboten, einige Tagelöhner, Pferdefuhrwerke und ein Lanz Bulldog mit am Hof beschäftigt. Die große Abwanderung der Arbeitskräfte in die Industrie begann in den 60er Jahren. Somit war die Volltechnisierung der Landwirtschaft ein Muss!

Als Bub war es bereits sehr interessant für mich, was bei den Mahlzeiten in großer Runde über die Entwicklungsschritte gesprochen wurde. Unser Spielplatz war ja sowieso immer am Hof, im Feld oder im Wald, wo eben „Action“ war, so war man immer „live“ dabei.

Als ich die 8. Klasse Volksschule besuchte, verabschiedete sich die letzte Fremdarbeitskraft vom Hof, um auf einem Gewerbebetrieb zu arbeiten.

Von da an waren mein Vater, dem im 2. Weltkrieg ein Oberschenkel amputiert wurde, meine Mutter und ich als Schüler für alle Arbeiten zuständig.

In der Berufsschule 1964 waren wir damals zwei Schüler von 30, die außer der Pflichtschule eine landwirtschaftliche Lehre absolvierten. Die Bedingungen waren damals schon ein Berichtsheft zu führen, Lehrlingsschulungen zu besuchen und außer der Heimlehre eine Fremdlehre zu absolvieren. Die Fremdlehre hatte es mir angetan, wollte ich doch immer schon ein bisschen über den Tellerrand schauen und einen anderen Betrieb und eine andere Region kennenlernen.

Eine Austauschlehre bot sich an, da meine Eltern auch auf unserem Betrieb einen Helfer benötigten.

Es war für mich eine wertvolle Erfahrung ein halbes Jahr lang nicht nach Hause zu kommen, bei Kulmbach in Oberfranken in einer protestantischen Region, mit steinigen Böden und fränkischen Gepflogenheiten, vertraut zu werden.

bmw_kuhuLehrjahre in Kulmbach war damals am Rande Bayerns, nicht allzu weit von der Zonengrenze zur DDR entfernt. Ein Besuch an den innerdeutschen Grenzanlagen war für mich als 18jährigen mit gemischten Gefühlen verbunden. Beim „Prager Frühling“ 1968 war der Einmarsch der russischen Armee nur ca. 100 km von meinem Lehrbetrieb entfernt. Mein Lehrherr definierte die Entfernung damals mit einigen Stunden, es war die Zeit des Kalten Krieges.

Nach der Gehilfenprüfung wurden am Hof erste größere Rationalisierungsmaßnahmen in Angriff genommen. Ein Milchviehlaufstall mit Fischgrätenmelkstand wurde 1969 in vorhandene Wirtschaftsgebäude eingebaut.

Über die BAS (Berufsaufbauschule), die ich parallel zu meiner Landwirt-Tätigkeit besuchte, konnte ich den mittleren Schulabschluss erreichen.

Anschließend besuchte ich die Landwirtschaftsschule in Eggenfelden.

Mit der landwirtschaftlichen Meisterprüfung schloss ich meine Berufsausbildung ab.

Mein großer Traum wäre ein Auslandspraktikum gewesen, um meinen Horizont zu erweitern, betrieblich war ich jedoch dazu schon zu fest eingebunden, um das verwirklichen zu können.

1981 übernahm ich den Hofbauernhof von meinen Eltern.

Im gleichen Jahr heirateten meine Frau Rita und ich und zogen in unser neuerbautes Haus.

1983 kamen unser Sohn Florian und 1985 unsere Tochter Martina auf die Welt. Bis zur Geburt unserer Kinder war meine Frau Rita als Lehrerin tätig und war quasi Quereinsteigerin als Bäuerin.

Wir versuchten den Hof auf aktuellen Stand zu bringen und auf mehrere Standbeine zu stellen.

1990 bot sich die Chance, die sicher nicht jede Generation hat, als nach der Wiedervereinigung Deutschlands auch in den neuen Ländern die Ländereien privatisiert wurden.

Es war die Stunde „Null“ als mit zwei befreundeten Partnern die ersten Pachtverträge mit Grundeigentümern, die über ihre landwirtschaftliche Fläche wieder selber verfügen konnten, abgeschlossen wurden und über zwei Jahrzehnte mittlerweile ein ansehnlicher Marktfruchtbaubetrieb entstanden ist, in dem sechs Leute ihren Arbeitsplatz haben.

Über 20 Jahre habe ich nebenbei sehr viel Herzblut als Jagdvorsteher, Sprecher der JG im BBV Rottal-Inn und Jagdbeirat für die natürliche Waldverjüngung eingebracht. Bei der ersten Eigenbewirtschaftung der Jagd in Niederbayern war ich als Jagdvorsteher der Frontmann mit dem nicht zimperlich umgegangen worden ist, denn wo gehobelt wird, da fliegen Späne besonders bei der Wald und Wild Thematik. Diese „2. Bauernbefreiung“, wie ich sie genannt habe, ist mittlerweile ein Erfolgsmodell und findet seine Nachahmer.

Über 25 Auszubildende als Junglandwirte bzw. Praktikanten unterstützten uns bzw. holten sich ihr Rüstzeug und Know-How auf unserem Hof für ihren Beruf als Landwirt oder für ihr Studium.

Diese Tätigkeit als Ausbilder hat mir immer Freude bereitet. Ich denke, der Umgang mit jungen Leuten und ihren jugendlichen Ansichten hält einen selber länger jung.

Die vielen Auslandspraktikanten haben meine Frau und mich zu einigen Gegenbesuchen in etliche Erdteile geführt, wo wir gastfreundlich aufgenommen wurden sowie ihre Heimat gezeigt bekamen.

Nach verschiedenen Studienreisen mit landwirtschaftlichen Schwerpunkten und inspiriert von vielen Reiseführern, entstand in Südamerika die Idee der „Zeitreise“.

Wo könnten die gewaltigen Veränderungen in der Landwirtschaft in einem Jahrhundertvergleich besser vermittelt werden, als auf einem aktiven Bauernhof?

Weiterhin eine gute Zeit,

Franz Schemmer